In den Jahren 1993 bis 2001 unterhielt der "Basler Förderverein für medizinische Zusammenarbeit" eine Partnerschaft mit dem Regionalspital Talsi in West-Lettland. In diesen Jahren intensiver Tätigkeit sind viele Teilprojekte realisiert worden.

Talsi in West-Lettland

1992, kurz nach der Öffnung des Ostens, aber noch zwei Tage vor dem Lettlandbesuch des damaligen französischen Präsidenten François Mitterand haben wir unser Partnerspital in Talsi besucht. Gross war der Wunsch nach Kontakt mit dem Westen und entsprechend erwartungsvoll sind wir empfangen worden. In diesem Klima war es leicht, Kontakt herzustellen. Mit vielen Besuchen und Gegenbesuchen haben wir in den folgenden Jahren die Beziehungen vertieft und ein Vertrauensverhältnis bilden können; das schaffte die Grundlage für eine langjährige Zusammenarbeit. Anfang der neunziger Jahre war der materielle Mangel gross; entsprechend haben wir jedes Quartal eine Sendung mit essentiellen Medikamenten, Verbrauchsmaterial und medizinischen Geräten geschickt. Die vorwiegend weibliche Ärzteschaft wollte aber auch über die Grenzen hinaussehen und sich über den Stand der schweizerischen Medizin informieren: So sind sechsundzwanzig Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonen zu einem mindestens zweimonatigen Ausbildungs-Aufenthalt in die Schweiz gekommen.

In Lettland hat der Basler Förderverein ab 1993 jedes zweite Jahr ein einwöchiges Seminar durchgeführt, eine praktische Fortbildung für alle in Talsi vertretenen medizinischen Disziplinen, abgehalten im Hörsaal, am Krankenbett, im OPS, im Labor oder im Röntgenraum. Anfänglich ausschliesslich von schweizerischen Referenten bestritten, wuchs die Zahl der einheimischen, lettischen Vortragenden kontinuierlich an; 1999 stellten sie die Mehrheit. 1995 realisierten wir, dass der Pflegebereich stark vernachlässigt war und so organisierten wir ab 1997 parallel und verknüpft ein Seminar für Krankenschwestern.

Am Spital Talsi konnten, vorwiegend dank der Unterstützung des Kantons Basel-Stadt, alle sanitären Anlagen saniert, der Gebärsaal erneuert sowie das Labor und das Röntgen modernisiert werden.

Natürlich sind einige Projekte nur teilweise gelungen oder ganz steckengeblieben. Dennoch sind die Möglichkeiten des Spital Talsi unter den Aktivitäten des Basler Fördervereins markant verbessert worden. Es schien uns deshalb nach acht Jahren an der Zeit, unser Engagement auf die Fortbildung zu beschränken und keine grösseren Vorhaben mehr zu lancieren.

Rezekne in Ost-Lettland

Damit der Basler Förderverein seine Erfahrung und sein Beziehungsnetz in Lettland weiterhin produktiv nützen konnte, stellte er unter Vermittlung des früheren Chefarztes von Talsi Verbindung mit dem Regionalspital Rezekne her. Ende Oktober 2000 reisten elf Vereinsmitglieder zur ersten Kontaktaufnahme. Die schweizerische Besuchergruppe fand ein 1985 gebautes, vierhundert Betten umfassendes, für lettische Verhältnisse gut ausgerüstetes Krankenhaus vor, das aber weit hinter unseren gewohnten Standards lag. Die dortige Ärzteschaft wünschte in erster Linie eine gemeinsame Fortbildung, vor allem über Infektionskrankheiten mit besonderem Gewicht auf Tbc, HIV und Diphtherie. Die dortigen Chirurgen begannen eben mit der laparoskopischen Chirurgie und wünschten diesbezüglichen Support. Viele lettische Ärzte standen vor der Eröffnung ihrer Privatpraxis, einer vom Staat prioritär geförderten Entwicklung. Diese grosse Gruppe wollte erfahren, wie Hausarztmedizin in der Schweiz praktiziert wird. Im Pflegesektor sollten Fragen der Hygiene, der Mobilisation und Physiotherapie sowie der Kommunikation mit den Patienten erörtert werden.

Lettisch-lettische Zusammenarbeit

Mit Elan nahm der Basler Förderverein die neue Herausforderung in Rezekne an. Mit ebenso grossem Engagement setze er sich dafür ein, dass die "alten" Partner aus Talsi sich an dieser didaktischen Aufgabe beteiligten. Die Kolleginnen und Kollegen aus West-Lettland haben viel in der Schweiz gelernt und erlebt - und andererseits waren sie gewohnt, in den schwierigen lettischen Verhältnissen gute Medizin zu praktizieren. Sie waren also doppelt kompetent, sich an ihre Kolleginnen und Kollegen in Rezekne zu wenden. Die Tatsache, dass die Leute aus Talsi sich von Zuhörern zu Referenten entwickelten, sollte für sie beflügelnd wirken und es blieb zu hoffen, dass auf diese Weise eine lettisch-lettische Selbsthilfe angestossen würde. Leider war diese Vorhaben bereits nach einem Seminar gescheitert, zu verschieden war die Mentalität der Ärzteschaft und zu ausgeprägt war der Grössenunterschied der betreffenden Krankenhäuser.

Dienstag, 01. März 2016

Interdisziplinäre Seminare in Talsi und Resekne

  • 1. In Lettland wurden fünf interdisziplinäre Seminare durchgeführt
  • 2. Dr. Tommi Renz trägt vor
  • 3. Dr Andreas Stähelin instruiert
  • 4. Prof. Willi Berger im interaktiven Dialog
  • 5. Fallpräsentation
  • 6. Gruppenterricht mit Dr. Jody Stähelin
  • 7. Demonstration durch Hebamme Uta Zgola und Claudia Probst
  • 8. Rauschende Feste bringen die Partner auch ausserberuflich zusammen
  • 9. Ruhe nach dem Sturm

Schwerpunkt unserer Zusammenarbeit mit den lettischen Kolleginnen und Kollegen war der Austausch von Wissen und Können. Darum organisierten wir Seminare in Talsi und Rezekne. Die Bilder illustrieren die verschiedenen Lehrformate. Im Gegenzug kamen sechsundzwanzig lettische Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachpersonen zu einem zweimonatigen Ausbildungsaufenthalt in die Schweiz. Durch diesen intensiven Austausch sind Freundschaften entstanden, die viele Jahre überdauern. Zehn Jahre nach Projektende reisten zweiundzwanzig Mitglieder des BFV nach Lettland zu Besuch und wir sind wieder mit der alten herzlichen Freundschaftlichkeit empfangen worden.